Krankenhausschule als
ANKER
für gesundheitliche Herausforderungen
Was ist unser WARUM für dieses Konzept und WOFÜR stehen wir?
Entgegen dem Zentralisierungskurs der letzten Jahre gibt es das politische Bestreben die kleinen Krankenhäuser in ihrer wichtigen Funktion für die Bevölkerung vor Ort wieder aufzuwerten. In diesem Zusammenhang passt auch eine neuerliche Verankerung der Krankenhausschule in diesen Einrichtungen, verbunden mit einer zeitgemäßen Neuausrichtung.
Diese kann, angesichts der tendenziell kürzeren Krankenhausaufenthalte von Kindern, einerseits in einer Netzwerkarbeit und Brückenfunktion, andererseits in einer begleitenden Rolle im Sinne von Gesundheitserziehung, Prävention und Intervention auf Basis der Salutogenese bestehen.
Wir möchten dazu beitragen, dass kranke Kinder, sowie Kinder mit schwierigen Bedingungen in besonderen Situationen nicht in ihrer Bildung benachteiligt werden.
Wir stehen für Inklusion, Teilhabe und Solidarität mit kranken und gesunden Kindern.
Unsere Werte
A steht für Authentizität: | Die Ehrlichkeit und Integrität in der Arbeit gegenüber Patient*innen, Schüler*innen und Kolleg*innen
|
N steht für Nachhaltigkeit: | Nachhaltigkeit bezieht sich auf die Verpflichtung, die Umwelt, die Gesellschaft und die Zukunft der Patient*Innen und Schüler*innen zu berücksichtigen. In einer Krankenhausschule ist es wichtig, sowohl bei der Behandlung von Patient*innen als auch bei der Ausbildung von Schüler*innen auf nachhaltige Praktiken zu achten. |
K steht für Kooperationsbereitschaft: | Die Bereitschaft, mit anderen Abteilungen, Einrichtungen und Fachleuten zusammenzuarbeiten, um Patient*innen und Schüler*innen bestmöglich zu unterstützen. |
E steht für Effizienz: | Die Fähigkeit, Ressourcen effektiv zu nutzen, um Patient*innen und Schüler*innen bestmöglich zu unterstützen. |
R steht für Responsivität | Die Fähigkeit, schnell und angemessen auf die Bedürfnisse von Patient*innen und Schüler*innen zu reagieren. |
und Respekt | Die Achtung gegenüber Patient*innen, Schüler*innen, Kolleg*innen und deren Meinungen, Gefühlen, Wünschen und Bedürfnissen. |
Wir stützen uns auf:
- Das Inklusionsgesetz: Gleichheit vor dem Gesetz / Bildungsrecht – Recht auf Teilhabe
2.Die Rahmenrichtlinien: In der Krankenhauspädagogik nehmen wir Bezug auf die Rahmenrichtlinien der Bildungsdirektion der Provinz Bozen, die in der aktualisierten Ausgabe der Rahmenrichtlinien von Februar 2021 formuliert sind.
(https://www.provinz.bz.it/bildung-sprache/didaktik-beratung/downloads/Aktualisierte_Fassung_Rahmenrichtlinien_Februar_2021_GS-MS_dt_21.pdf)
3.Das Berufsbild: siehe Broschüre über „Die Schule im Krankenhaus in Südtirol“ Stand Jänner 2021
Situationsanalyse:
Im Day-Hospital der Kinderstation im Krankenhaus Sterzing werden zurzeit bei Kindern geplant von Montag bis Mittwoch Zahnsanierungen vorgenommen.
Das bestehende Spielzimmer wird dabei von den Kindern, Eltern und Krankenhauslehrpersonen genutzt, wo die Krankenhauslehrpersonen regelmäßig Bastelangebote und Leseangebote vorbereiten bzw. herrichten, und zeitweise auch im Day-Hospital Eltern und Kinder betreuen und unterstützen.
Weiters kommt es vor, dass Kinder auch auf anderen Stationen, zum Bsp.in der Chirurgie aufgenommen werden müssen. Die Primaria will sich mit den leitenden Ärzt*innen auf der betreffenden Station in Verbindung setzen, mit der Bitte um Zusammenarbeit und Austausch mit den Krankenhaus – Lehrpersonen.
Die Primaria Dr. Cont Micol wünscht sich mehr Präsenz und Einbindung der Krankenhauslehrpersonen vor Ort, um einerseits Eltern und Kinder im Day-Hospital zu begleiten und andererseits die Planung von Projekten, als wichtige Präventionsangebote und Intervention im Gesundheitsbereich, vorzunehmen.
Diese sind zum Beispiel die Organisation eines Teddybär-Spitaltages im Frühjahr. Über das Kennenlernen der verschiedenen Bereiche und Behandlungen in einem Krankenhaus ist es Ziel, auch gesunde Kinder mit dem Krankenhaus in Kontakt zu bringen und sich in positiver, spielerischer Weise mit medizinischen Einrichtungen auseinanderzusetzen, um darüber Ängsten vor Arztbesuchen und Krankenhausaufenthalten vorzubeugen.
Die Krankenhauslehrpersonen pflegen den regelmäßigen Kontakt zum Krankenhausteam, um sich zur aktuellen Situation abzusprechen und den Überblick zu behalten.
Weiters kümmern sie sich um die Organisation einer kindgerechten Gestaltung des Umfeldes. Derzeit geschieht dies noch allein und zukünftig in Einbezug und Mithilfe der Kinder und Lehrpersonen der 4.und 5.Klassen im Sprengel (Gänge, Zimmer, Spielzimmer), evtl. auch in Form eines Wahlangebotes. Eine positiv gestaltete Umgebung verbunden mit Spiel-, Bastel- und Lernangeboten unterstützt generell den Heilungsprozess.
Ebenso werden im Spielzimmer didaktische Materialien, Bastelmaterialien, Vorlagen und Bücher vorbereitet und bereitgestellt.
Im zukünftigen Umbau der Kinderstation Sterzing ist die Krankenhausschule schon fest eingeplant, um eine Schule im Krankenhaus zu schaffen, wo kranken Kindern eine gleichberechtigte Bildung ermöglicht wird und ihr Wohlbefinden während ihres Krankenhausaufenthaltes erhöht wird.
Im heurigen Schuljahr bestand bereits die Notwendigkeit, einen Schüler wegen ansteckender Krankheit über mehrere Wochen im Onlineunterricht in den Fachbereichen Deutsch und Mathematik zu begleiten und zu einem späteren Zeitpunkt bei der Wiedereingliederung in der Klasse zu unterstützen. Der Schüler musste die deutsche Sprache erst kennenlernen.
Zeitweise arbeiteten die Krankenhauslehrpersonen auch in der Klasse mit, wo sie bei Notwendigkeit Kinder mit besonderen Schwierigkeiten in der Klasse unterstützten.
Durch den regelmäßigen Austausch im Team, gemeinsam mit der Sozialpädagogin Carolin Baldassare an der Schulstelle, wurde der Bedarf einer gezielten Arbeit mit Kindern, welche Schwierigkeiten im Klassenumfeld zeigen, offensichtlich. In Einzelarbeit und in der Kleingruppe werden in der Zwischenzeit gezielt mit den Kindern Themen aufgegriffen und in einer Einheit von zwei Stunden einmal in der Woche daran gearbeitet. Ziel ist es, das Wohlbefinden und Lernen des Kindes in seinem Entwicklungsprozess im schulischen Umfeld und im Zusammenleben in der Gruppe zu unterstützen und zu begleiten, sowie hilfreiche Tools kennenzulernen und im Alltag konstruktiv zu integrieren. Die Lehrpersonen der betreffenden Kinder wurden von der Sozialpädagogin kontaktiert und Anmeldeschluss war der 31.01.23. Die Nachmittagsgruppe ist am 6. Februar 2023 zunächst mit 5 Kindern (2 Mädchen und 3 Jungs) gestartet und ab 13.März sind 2 weitere Jungs dazugekommen.
Inhalte und Ziele:
ANKER steht für
A = Arbeit und Einsatz der Krankenhauslehrperson als wertvolle Ressource für die Schule
Die Krankenhauslehrperson versteht sich als Bindeglied zwischen Schule und Krankenhaus und steht deshalb mit beiden Institutionen in enger Zusammenarbeit. Um die Übergänge für kranke Kinder möglichst reibungslos zu gestalten, sollen die Kinder die Krankenhauslehrperson schon in der Schule kennen lernen und sie als Unterstützungsressource erfahren. Deshalb arbeitet die Krankenhauslehrperson auch
- in der Klasse bei Kindern mit besonderen Bedürfnissen laut Gesetz 104/170 und
- in Kleingruppen am Nachmittag im Rahmen der Projektarbeit und Begleitung von Schüler*innen mit besonderen Bedürfnissen
N = Netzwerk / Kooperationen: Brückenfunktion in Zusammenarbeit mit der Schulsozialpädagogin und anderen Diensten vor Ort
Die Kinder im Krankenhaus umgeben ein Netz von Menschen, die sich um sie kümmern, um sie sorgen und die andererseits auch Erwartungen an sie hegen. Sie sollen bei den Therapien mitmachen, möglichst schnell auf die Beine kommen, gesund werden, gleichzeitig nichts Wichtiges versäumen und möchten auch den Kontakt zu ihren Freunden halten. Das kann unterstützend, aber auch überfordernd wirken, finden sich die jungen Menschen doch in einer ihnen ungewohnten Umgebung mit oft verwirrenden Strukturen und Tagesabläufen wieder, die durchaus Angst erzeugen können. Krankenhauslehrer*innen können hier ausgleichend wirken und vor allem können sie als Brücke zwischen all den Menschen wirken, die für die Kinder wichtig sind.
Deshalb arbeiten Krankenhauslehrer*innen eng mit allen anderen Menschen und Institutionen zusammen, die für die Kinder wichtig sind. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei den wichtigsten Lebenswelten der Kinder: dem Zuhause, Eltern und Geschwistern, der Schule und dem Freundeskreis der Kinder, der oft eng mit der Schule verknüpft ist.
Das bedeutet für die Arbeit der Krankenhauslehrer*innen:
- Kooperation mit den territorialen Diensten und der Gemeinde Sterzing (zum Bsp. Vorträge für alle anbieten, nachhaltiger Öffentlichkeitsarbeit im pädagogischen Bereich, Hilfe für kinderreiche Familien (Frühe Hilfen), schaffen eines Ortes/ einer Einrichtung als Anlaufstelle für Sozialisierung von verhaltensauffälligen Kindern in Form eines time – out – Konzeptes. Dabei wird angedacht, betroffene Kinder vom Schulalltag herauszunehmen und durch pädagogische Fachkräfte im geschützten Umfeld, wie zum Bsp. auf einem Bauernhof oder in einer Gärtnerei zu begleiten. Den Kindern soll durch weniger Leistungsdruck und praxisbezogenem Arbeiten ermöglicht werden, wieder zu sich zu finden, mit dem übergeordneten Ziel die Kinder zu einem späteren Zeitpunkt wieder in den Schulalltag zu integrieren. Eine Zusammenarbeit mit dem Entwicklungsbegleiter Herrn Michael Harslem wurde initiiert.
- Zusammenarbeit mit den 4. und 5. Schulklassen und deren Lehrpersonen, um eine jahreszeitliche Dekoration und die Gestaltung von kleinen Feiern auf der Kinderstation zu organisieren, mit der Bitte dies bei der Planung der jährlichen Wahlangebote zu berücksichtigen. Ziel ist es die Wohlfühlatmosphäre im Krankenhaus zu fördern, das Krankenhaus wird in der Schule präsent und umgekehrt reicht die Schule als Lernort in die Kinderstation des Krankenhauses hinein.
- Kontakt mit der Klinik Innsbruck
- Kontakt zum Elternhaus
- Kontakt zur Stammschule / Kooperation mit der Klassenlehrperson
- Zusammenarbeit und regelmäßiger Austausch mit dem medizinischen Team im Krankenhaus Sterzing und der Sozialpädagogin an der Schulstelle
- Regelmäßiger Austausch/ Treff in der Arbeitsgruppe der Krankenhauslehrpersonen auf Landesebene (Schulamt)
K = Kranke Kinder bzw. Kinder mit besonderen Bedürfnissen zu unterrichten und zu begleiten:
- Krankenhaus Sterzing: Day-Hospital, Projekte zum Angstabbau für Kinder im Krankenhaus (z.B: Teddybär Tag), präventive Aufklärungsarbeit (Diabetes, Mein Körper gehört mir, …)
Der Teddybär Tag wird zukünftig im Schuljahr (Herbst und Frühjahr) als Wahlangebot präventiv für die ersten Klassen angeboten. Der Gedanke dahinter ist es, Kinder die Angst vor einem Krankenhausbesuch sowie vor dem medizinischen Fachpersonal zu nehmen.
- Onlineunterricht z.Bsp. für Kinder mit ansteckenden Krankheiten
- Hausunterricht bei Notwendigkeit, zum Bsp. bei schwerer Krankheit
- Wiedereingliederung in der Klasse
E = Evaluation
auf Basis der Ethik (die moralischen Grundsätze, die bei der Durchführung einer Evaluation beachtet werden sollten), der Effektivität (die Fähigkeit einer Methode oder eines Prozesses, die gewünschten Ergebnisse zu erzielen), der Effizienz (die Verwendung von Ressourcen im Verhältnis zu den erzielten Ergebnissen) und der Exaktheit (die Genauigkeit der Ergebnisse einer Evaluation).
Zunächst beschränken wir uns auf die Prozessevaluation der Nachmittagsgruppe, welche am 06. Februar 2023 gestartet ist. Die Evaluation richtet sich an die Kinder, Eltern und Lehrpersonen und wird am Anfang, Mitte und Ende des Nachmittagsprojektes durchgeführt. d.h. es wird in Form von Fragebögen die Ausgangssituation, die Entwicklung und die Situation bei Schulende in Bezug auf die Gruppendynamik sowie der einzelnen SchülerInnen beobachtet.
R = Rechtliche Grundlagen und Resilienz, verankert in der Salutogenese
1.Die rechtlichen Grundlagen für die Schule im Krankenhaus bilden
- das Ministerialschreiben Nr. 3623 vom 30. Juli 2019 (Servizio di Scuola in Ospedale)
- die Nazionalen Leitlinien für die Schule im Krankenhaus und den Hausunterricht (Linee di Indirizzo Nazionali sulla Scuola in Ospedale (SIO) e l’Istuzione Domiciliare (ID) – 2019
- Gesetz vom 13. Juli 2015, Nr. 107, „Neuregelung des nationalen Bildungssystems und Übertragung der Befugnisse zur Neuordnung der geltenden Gesetzesbestimmungen an die Regierung
- Legislativdekret vom 13. April 2017, Nr. 62, Bestimmungen zur Bewertung und Bescheinigung der Kompetenzen in der Unterstufe und zu den Staatsprüfungen
- Legislativdekret vom 13. April 2017, Nr. 63, Effektivität des Bildungsrechtes über die Festlegung der Leistungen in Bezug auf die personenbezogenen Dienste, mit besonderer Berücksichtigung der Beeinträchtigungen und der Dienste, und Potenzierung des Schülerausweises (carta dello studente). Legislativdekret vom 13. April 2017, Nr. 66 Bestimmungen zur Förderung der schulischen Inklusion der Schüler mit Beeinträchtigungen
- Ministerialschreiben vom 27. Jänner 2010, Nr. 7736-Klärungen zur Gültigkeit des Schuljahres
2.Resilienz verankert in der Salutogenese:
Die Salutogenese in der Schulgemeinschaft umfasst:
Ausgehend von der Salutogenese, nämlich der Frage, wie Gesundheit entsteht und wie sie sich erhalten lässt, setzen sich die Krankenhauslehrer*innen im Raum Sterzing damit auseinander, wie die Gesundheit der Schüler*innen gefördert und möglichst auf Dauer erhalten werden kann. Gesundheit wird dabei als eine zufriedenstellende körperliche, geistige, seelische und soziale Lebensgrundlage verstanden, die eine möglichst autonome und selbstwirksame Lebensgestaltung, erfolgreiches Lernen, erfreuliche Beziehungen und Potentialentwicklung ermöglicht.
Dabei spielen die allgemeine Gesundheitsförderung und die Präventionsarbeit eine wesentliche Rolle.
In dieser Funktion arbeiten die Krankenhauslehrer*innen eng mit den Lehrpersonen in den Schulen und der Schulsozialpädagogin zusammen.
Eine positive Beziehungserfahrung unterstützt das seelische Wohlbefinden.